
Stellungnahmen zum Anhörungs- und Beteiligungsverfahren zu den Erlassen „Die Arbeit in der Ganztagsschule“
Der 17. Landeselternrat hat sich in seiner Plenarsitzung am 26.09.25 mit dem o.g. Entwurf befasst.
Präambel
Die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung, das im kommenden Schuljahr beginnend mit dem ersten Jahrgang schrittweise umgesetzt wird, ist ein Meilenstein zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Doch sein Erfolg steht und fällt mit der konkreten Ausgestaltung des schulischen Ganztags.
Ganztagsschule darf nicht nur „mehr Zeit in der Schule“ bedeuten. Sie muss ein qualitativ hochwertiger Bildungs- und Lebensraum sein, der sowohl fachlich anspruchsvoll als auch pädagogisch wertvoll gestaltet ist. Nur wenn die zusätzlich verbrachte Zeit mit hochwertigen, verlässlichen und an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler orientierten Angeboten gefüllt wird, kann der Ganztag sein volles Potenzial entfalten.
Wir sehen daher die Landesregierung in der klaren Verantwortung gemeinsam mit den beteiligten Akteuren, verbindliche Bildungs- und Qualitätsstandards für den Ganztagsbereich zu schaffen – und zwar flächendeckend. Es darf nicht dem Zufall oder den individuellen Möglichkeiten einzelner Schulen oder Kommunen überlassen bleiben, ob und in welcher Qualität Ganztagsangebote realisiert werden. Als LER sind wir davon überzeugt, dass diese große Aufgabe nur gemeinsam und verbindlich mit den Verantwortlichen auf allen Ebenen umgesetzt werden kann und erwarten von der Landesregierung eine Initiative, um alle Akteure an einen Tisch zu bekommen.
Dieses vorausgeschickt, stimmt der LER dem Erlass zu und erlaubt sich darüber hinaus folgende Anmerkungen:
- Es wird angezweifelt, dass alle Ganztagsschulen in Niedersachsen bereits barrierefrei und inklusiv gemäß §4 NSchG arbeiten.
- In Zusammenhang mit der erklärten Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit wäre es wünschenswert eine Verpflichtung der Schulen zur Bereitstellung eines Förder- und Forderangebotes vorzunehmen, durch die das Aufholen (frühkindlicher) Bildungs-/Förderlücken und Förderung besonderer Begabungen, z.B. als teilverpflichtendes Angebot (z.B. pädagogische Empfehlungen, aber Wahlmöglichkeit für Eltern/Schüler) ermöglicht wird.
- Punkt 1.1. unter „Aufgaben und Zielen“ (und auch Punkt 3.7.)
Warum ist hier nur von „Bildungsauftrag“ und nicht von „Bildungs- und Erziehungsauftrag“ die Rede? (In dem Paragraphen des NSchG, in dem der Bildungsauftrag beschrieben ist, ist zwar auch das Wort Erziehung genannt, aber es wäre konsequent und wäre eine inhaltliche Stärkung, wenn auch in dem Ganztagsschulerlass gleich zu Beginn deutlich betont würde, dass die Schule hier explizit auch einen Erziehungsauftrag hat. Bei Besuch der Ganztagsschule verbringen die Kinder unter der Woche mehr wache Zeit in der Schule als in ihrem Elternhaus (ca. 11 Stunden Schlaf + 8-9 Stunden für Schule und Schulweg, bleiben nur noch 4-5 Stunden übrig). - Punkt 1.1. unter „Aufgaben und Zielen“:
Wie wird sichergestellt, dass es ein Bildungsangebot und kein Betreuungsangebot ist? Es muss verbindliche Mindeststandards zur Qualität des GT (Räumlichkeiten, Angebote, Verpflegung) geben, die aber die den GT bereitstellenden Einrichtungen nicht überfordern. Eine dies unterstützende Handreichung wäre in diesem Zusammenhang sicher hilfreich. Zudem ist eine ausreichende finanzielle und personelle Unterstützung der GT sicherzustellen. Wo und wie erfolgt dies? - Punkt 1.2. (Ergänzung „barrierefreier und gleichberechtigter Zugang“):
Wie wird sichergestellt, dass die Kommunen, die für den barrierefreien und gleichberechtigten Zugang notwendigen Ressourcen auch bereitstellen und finanzieren (können)? (Die Kommunen als Träger der baulichen, aber auch Eingliederungshilfsmaßnahmen, z.B. Schulbegleitungen. Letztere müssen entsprechend dem vorliegenden Erlass dann auch ganztags eingesetzt werden. Wir fürchten, dass die Eltern da in einigen Kommunen Schwierigkeiten haben werden, ihr Recht dort durchzusetzen.) - Punkt 2.4. (Abholzeiten):
Die Ermöglichung mehrerer Abholzeiten wird ausdrücklich begrüßt. - Punkt 2.9. (Mittagessen):
Die Flexibilisierung vom „warmen“ zum „gesunden“ Mittagessen unter Einhaltung von Standards (und der Hinweis auf die „DGE-Qualitätsstandards“) wird sehr begrüßt, da sie Schulen und Schulträgern ermöglicht, Alternativen zum „warmen Mittagessen“ anzubieten und dabei die Qualität im Blick behält. Wünschenswert hier wäre, dass der Erlass die Zustimmung der kommunalen Schul- und Bildungsausschüsse oder der Eigenverantwortlichen Schulen zur Ausgestaltung des Mittagessens als notwendig festlegt. - Punkt 3.8 (Multiprofessionalität) und 3.9 (Mitwirkung)
Die Einbeziehung der Schulgemeinschaft wird begrüßt. - Punkt 4 des neuen sowie Punkte (7)/8/9 des alten Erlasses
(7. Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Ganztagsschule)
(8. Weitere vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten für außerunterrichtliche Angebote)
(9. Vorschriften für den Abschluss von Verträgen):
Allein die Tatsache, dass in diesen Punkten umso umfangreiche Vorschriften/Vorgaben handelt, dass hierfür jetzt getrennte Erlasse nötig sind, zeigt, was für umfangreiche Sachverhalte hier zu regeln sind, die enorme Verwaltungstätigkeit erfordern. Wie wird sichergestellt, dass das Schulpersonal das bewältigen kann? Wann werden den Schulen endlich qualifizierte Verwaltungskräfte in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestellt?
Wir freuen uns, zeitnah mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.